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Der Umgang mit Armen im Detail

© UB Osnabrück (8517-916 3) | B. Mönkediek

Blick ins Buch - Sammlung verschiedener Züricher Ordnungen, 1778.

Die "Satz= und Ordnungen für das Zucht= und Arbeitshaus in Zürich" von 1778

Im Zeitalter der Aufklärung versuchten sich viele Menschen von der kirchlichen Bevormundung zu befreien. Es standen die Begriffe ‚Nützlichkeit‘ und ‚Kritik‘ ebenso im Mittelpunkt  wie ‚Erziehung‘, wobei letztere nicht nur in Bezug auf Kinder neu definiert wurde. Diese Denkweisen sind auch im Umgang mit Armen zu finden. Um Menschen ihre Nützlichkeit für die Gesellschaft zu lehren beziehungsweise sie für die Gesellschaft wieder ‚brauchbar‘ zu machen, errichtete man besonders im städtischen Bereich Einrichtungen wie Spitäler, Waisen- und Findelhäuser, Zuchtanstalten und Arbeitshäuser.  Menschen sollten hier die in der damaligen Gesellschaft als richtig geltenden Werte lernen, ihren Platz in der Gesellschaft finden, wieder auf die Beine kommen und zu einer neuen Selbstständigkeit erzogen werden.

Im Folgenden wird ein Ausschnitt der „Satz- und Ordnung für das Zucht- und Arbeitshaus in Zürich” aus dem Jahr 1778 vorgestellt. Die Ordnung behandelt Themen wie den Umgang mit den „Züchtlingen“, deren Einquartierung, Versorgung sowie Tagesaufgaben. Als „Züchtlinge“ werden in diesem Zusammenhang Menschen bezeichnet, die sich nicht gesellschaftskonform verhalten haben und aufgrund dessen in einem Zucht- oder Arbeitshaus umerzogen werden sollen. Es fand also unter anderem eine Erziehung durch und zur Arbeit statt.  In der Ordnung wird klar zwischen armen und vermögenden „Züchtlingen“ unterschieden, es werden aber auch Themen wie die Organisation des Zuchthauses, die Aufgaben der Mitarbeiter und die Krankenversorgung behandelt. Der ausgesuchte Ausschnitt stammt aus dem ersten Kapitel und befasst sich mit der Nahrungs- und Kleidungsversorgung der „Züchtlinge“ im Detail.

Inhalt

Ordnung für das Zucht- und Arbeitshaus in Zürich aus dem Jahr 1778

2. Titel: Unterhalt, Verpflegung und Kleidung

Die Gefangenen sollen an Nahrung 1 ½ Pfund Brot (ca. 750g) am Tag, davon ¼ morgens, ein anderes abends trocken und die anderen 2/4 mittags und nachts zusammen mit einer Suppe bekommen. Die Suppe soll abwechselnd mit Bohnen, Erbsen und Ähnlichem versehen werden. Zu trinken gibt es Wasser. Um die Vergabe zu vereinfachen, sollen in der Bäckerei 1 ½ Pfund große Brote gebacken werden.
An Kleidung tragen die Gefangenen, was sie selbst anhaben, außer diese Kleidung stellt aufgrund von Ungeziefer oder ähnlichem eine Gesundheitsgefährdung für andere dar oder sie ist so zerfetzt, dass sie kaum mehr tragbar ist. In dem Fall werden für die Zeit des Aufenthalts Kleider gestellt, die vorrätig sind.