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Ein Dialog zwischen der Armut und dem Geld

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Blick ins Buch - Dialog zwischen der Armut und dem Geld, verfasst von Martin Schrot, 1596 (hier ein Nachdruck aus dem 18. Jahrhundert).

Zum Hören: Unterhaltung zwischen Geld und Armut

Bei dem „Dialogus“ handelt es sich um ein Gespräch zwischen Personifizierungen der Armut und des Geldes. Der ursprüngliche Autor Martin Schrot (16. Jahrhundert) war ein protestantischer Dichter und hatte durch seinen Beruf - er war wahrscheinlich als Goldschmied tätig - auch eine direkte materielle Verbindung mit dem Konzept von Reichtum.
Die Debatte zwischen Armut und Geld findet in erster Linie auf einer theologischen Ebene statt. Erstere sieht das Streben nach materiellem Besitztum als unchristlich an und beschuldigt das Geld, für Gier und Krieg verantwortlich zu sein. Dieses sieht sich jedoch selbst als Erschaffung Gottes und schiebt die Schuld auf die laut ihr grundlegende Verdorbenheit des Menschen. Dabei stellt der Text zunächst die Frage, ob Streben nach Reichtum und wahrlich christlich zu leben überhaupt vereinbare Konzepte seien. Dann entwickelt er sich zu einer Kritik nicht notwendigerweise des Reichtums selbst, sondern derer, die zu Unrecht über Geld verfügen und es für ihre eigenen Zwecke missbrauchen. Um wen es sich dabei handelt, wird nicht spezifisch ausgeführt, was vor allem daran liegt, dass die vorliegende Quelle eine zeitgenössisch editierte und entschärfte Version der ursprünglichen Reime Schrots ist. Dennoch bleibt die katholische Kirche auch in dieser Version als Ziel der Kritik allermindestens eine naheliegende Interpretationsmöglichkeit.
Der Text wurde zunächst im späten 16. Jahrhundert geschrieben und dann im 18. Jahrhundert neu veröffentlicht Somit schlägt der Text eine Brücke von der Reformation hin zur Aufklärung, wo er neu interpretiert wurde. So kann die Debatte zwischen Armut und Geld etwa auch in Bezug auf die Ständegesellschaft gelesen werden.
Auf dieser Seite finden sich Auszüge, welche die Auseinandersetzung illustrieren und somit ein Beispiel dafür liefern, wie ein dichterischer Diskurs über Armut auf theologischer Ebene vor dem Hintergrund der Reformation aussehen konnte.

Kurze Erläuterungen zum eingesprochenen Dialog

Geld 1: Das Geld hält der Armut vor, in der ganzen Welt verhasst zu sein.
Armut 1: Die Armut wirft dem Geld vor, den Menschen nur Schlechtes zu bescheren, und sie schließlich in den Tod zu treiben.
Geld 2: Das Geld verteidigt sich, es sei ein edles Geschöpf, das von Gott geschaffen wurde.
Armut 2: Die Armut beansprucht für sich, ebenfalls von Gott geschaffen zu sein, und zwar viel edler als das Geld. Es habe Leib und Seele des Schöpfers, während das Geld nur totes Metall sei.
Armut 3: Die Armut behauptet, dass schon Jesus und die Heiligen freiwillig und gern arm gewesen seien. So berichte es die Heilige Schrift.
Geld 3: Das Geld fragt, ob also alle Reichen verdammt seien, auch Hiob, Salomo und David. Dieser Meinung können man sich nicht anschließen.
Armut 4: Die Armut erläutert, die genannten seien nicht verdammt, sondern selig, denn sie hätten ihren Reichtum nach Gottes Willen eingesetzt. Außerdem, so würde die Schrift es offenbaren, seien sie geistlich arm gewesen.
Armut 5: Die Armut erklärt, nicht das Geld zu verdammen, sondern nur das Böse, welches durch das Geld hervorgerufen werde.
Geld 4: Das Geld ist sich keines Übels bewusst und verlangt Beispiele.
Armut 6: Die Armut macht das Streben nach Geld für die Kriege in der Welt verantwortlich.
Geld 5: Das Geld verteidigt sich, es verführe niemand. Die Menschen würden sich selbst verführen, und hätten die Schuld selbst zu tragen.
Armut 7: Die Armut beharrt darauf, dass das Geld die Menschen verführe und von Gott abbringe, manchen gar bis zum Suizid treibe, wenn das Geld fehlt. Es komme vom Teufel aus der Hölle.
Geld 6: Das Geld ist betrübt über den Vorwurf, ein Geschöpf des Teufels zu sein. Es sei von Gott erschaffen worden, um zu dienen, und da Gott nicht böse sein könne, könne also auch das Geld nicht böse sein.
Geld 7: Das Geld erklärt, der Armut gerne dienen zu wollen. Ein hart arbeitender, gottesfürchtiger Mensch sei selig. Wer durch Unrecht sein Geld im Überfluss gewinne, sei dagegen gottlos.
Armut 8: Die Armut fragt das Geld, ob es denn nicht betrübt sei durch die Menschen, die es missbrauchen.
Geld 8: Das Geld bemerkt, es habe doch bereits erklärt, dass es nicht gerne sehe, wie es missbraucht werde.

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