Armut denken - Armut lenken

Drucke, Handschriften und Objekte erzählen aus der Frühen Neuzeit


Navigation und Suche der Universität Osnabrück


Hauptinhalt

Topinformationen

Eingesprochener, verkürzter und übertragener Verordnungstext (Adolf Friedrich III. 1745)

Guten Tag, im Folgenden werden die Regelungen der neuen Verordnung vom 10. November 1745 über die Maßnahmen zur Vertreibung von „losem Gesindel“, „Landstreichern“, „fremden Bettlern“, „Zigeunern“, „Vagabunden“, „Räubern“ und „Diebesbanden“ für das Teilherzogtum Mecklenburg-Strelitz, verkürzt verkündet.

Verordnung über Maßnahmen zur Vertreibung von „losem Gesindel“, „Landstreichern“, „fremden Bettlern“, „Zigeunern“, „Vagabunden“, „Räubern“ und „Diebesbanden“ für das Teilherzogtum Mecklenburg-Strelitz. Adolf Friedrich III., Herzog zu Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard verordnet:
Allgemeine Vorschriften

§ 1
Auswärtige „fremde Landstreicher“, „Vagabunden“ und „Bettler“ werden im gesamten Herrschaftsgebiet nicht geduldet. Besagten Personen dürfen keinerlei Almosen, noch andere Unterstützung gegeben werden. […] Aufgrund des vermehrten Fälschens von Attesten, sind jegliche Bettelbescheinigungen nichtig. […] Genannte Personen werden von selbst das Herrschaftsgebiet verlassen, wenn sie keine Almosen mehr bekommen. Die Strafen treten vier Wochen nach der Publikation dieser Verordnung in Kraft.

§ 2
Diejenigen Personen, die sich bei zur Kenntnisnahme dieser Verordnung nicht friedlich abweisen lassen, sondern mit Gegenwehr reagieren, sollen in den Städten durch die Bettelvögte […] und in den Dörfern durch die Landvögte oder Schließer mit einer Peitsche gezüchtigt werden. Bei gewaltsamer Zuwiderhandlung sollen die in § 1 genannten Personen verhaftet werden und einige Tage mit Wasser und Brot versorgt werden. Nach der Haft werden jene ohne weitere rechtliche Schritte für ewig des Herrschaftsgebietes verwiesen. Erneutes Betreten des Territoriums wird mit Leibesstrafen geahndet. 

§ 3
[…] Gaststättenbetreibern in den Städten und Dörfern, und vor allem vor den Stadttoren ist es verboten, „fremde Bettler“ und „Vagabunden“, „Diebesbanden“ und andere verdächtige Personen zu beherbergen und zu bewirten. Bei Zuwiderhandlung wird ein Bußgeld in Höhe von zehn Reichstalern verhängt, bei groben Verstößen kann ein Landesverweis für die Betreiber der Gaststätten erwirkt werden. Zur besseren Umsetzung sollen daher die kommunalen Ordnungsträger jeden Abend die Gaststätten durchsuchen und die Bettler und andere verdächtige Personen entfernen lassen. […] Wird hierbei eine Nachlässigkeit der örtlichen Obrigkeiten festgestellt wird eine steuerliche Strafe von zehn Reichstalern bzw. bei wiederholten Verstößen von 20 und 30 Reichstalern an die jeweilige Kommune verhängt. […]

§ 4
[…] Unsere Verordnung steht nicht in Gegensatz zu der christlichen Lehre und dem Willen Gottes, dass den Armen und Gebrechlichen geholfen werden muss. Vielmehr dient sie zum Schutze unserer einheimischen, gebrechlichen und notleidenden Hausarmen, vor den fremden, auswärtigen Bettlern und „Vagabunden“. […] In der Vergangenheit wurde oftmals erkannt, dass das Betteln zum eigenen Handwerk geworden ist und die Eltern ihre Kinder dazu anlernen. Zudem finden sich unter diesen „Vagabunden“ und „auswärtigen Bettlern“ oft „Diebe“, „Betrüger“, „Spione“ und andere verdächtige Personen, welche aus ihrer Heimat wegen Straftaten geflüchtet oder verwiesen wurden und in den neuen Herbergen ebenfalls ein sündhaftes Leben führen. Daher verdienen diese Personen keinerlei Barmherzigkeit oder Almosen, da sie dadurch nur in ihren boshaften Handlungen bestärkt würden.