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Das Epitaph der Brüder Monnicke

Die private Beteiligung an der Armenfürsorge lässt sich für Osnabrück am Beispiel der Monnicke Brüder darstellen. Die Brüder Johann und Engelbert lebten im 16. Jahrhundert und wurden 1533 erstmals urkundlich erwähnt, wobei Johann als Scholaster, also als Leiter der Stiftsschule des Johannisstifts, genannt wird. Nach dem Tod Johanns im Jahr 1563 findet sich Engelbert in den Urkunden des Stifts unter dem Titel Thesaurar, er wird sich also vermutlich um die Vermögensverwaltung des Stifts gekümmert haben.  Engelberts Todesdatum ist nicht sicher bekannt, er starb vermutlich 1577.  Nach ihrem Tod überließen die Brüder ihr Vermögen teilweise einer Stiftung zur Armenfürsorge, sodass zu ihren Ehren ein Epitaph, also ein Grabdenkmal, errichtet wurde.

Das Epitaph befand sich bis zum Zweiten Weltkrieg an den Stiftungshäusern in der Kommenderiestraße, diese wurden jedoch im Zuge des Krieges zerstört.  Heute befindet sich das Epitaph an der Innenseite der nördlichen Kreuzgangswand in der Johanneskirche. Es zeigt eine reliefartige Kreuzigungsszene, in deren Hintergrund die Stadt Jerusalem zu sehen ist. Der Stifter ist kniend im Vordergrund positioniert. Umrahmt wird die Szenerie von Hermenpilastern mit ionischen Kapitälen, über dem Gebälk sind zwei Familienwappen zu sehen: Das linke ist das Wappen der Monnickes und zeigt eine pfahlweise gestellte, geschlossene Schafschere ergänzt durch zwei nach außen geneigte Schafscheren als Helmzier. Das rechte Wappen, auf dem eine ausgerissene Eiche und ein gespickelter (mit Dreiecken verzierter) Schild als Helmzier zu sehen sind, ist vermutlich der Familie Westrup zuzuordnen

Epitaph der Brüder Monnicke, Sandstein (197cm Höhe, 105cm Breite und 1,7cm Tiefe) © Pfarrei St. Johann Osnabrück

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Epitaph trägt folgende Inschrift:

D(eo) O(ptimo) M(aximo) S(acrum) A(nno) M. D. LXXVII / Cum Ven(erabilis) et Nobilis Vir D(ominus) Engelbertus Monnick / celebris collegii ad D(omum) Io(hannin)em in hac vrbe senior et Thes[aur(arius)] / Bis Mille ac · CC · Thaleros Pauperibus Testamento pie L[egas/set] consilio Executorum ipsius Hae IX ContiguaeDom[us] / [In usus] Pauperum inde emptae ac primitus Dotatae [sunt.] / [Accessit iis] p[ost]ea aliquid e Legato Ven(erabilis) et Nob(ilis) Viri / [D(omini)] Ioa(n)n(is) Monnichs Engelberti Fratris in eodem Coll(egio) / [Sch]olast(ici) ac Praepositi in Levern, quorum Memo/[riam] par est vt Grate conservet posteritas.

Übersetzung:

Dem allerhöchsten Gott geweiht. Nachdem im Jahr 1577 der verehrungswürdige und edle Mann, Herr Engelbert Monnick, Senior und Thesaurar des ehrwürdigen Kollegiums der Kirche St. Johann in dieser Stadt, 2200 Taler den Armen durch Testament gottesfürchtig hinterlassen hat, sind auf Beschluß seiner Testamentsvollstrecker diese neun benachbarten Häuser zum Nutzen der Armen gekauft und erstmalig ausgestattet worden. Dazu kam später etwas aus dem Vermächtnis des verehrungswürdigen und edlen Mannes Herrn Johann Monnick, der Bruder Engelberts, an demselben Kolleg Scholaster und Propst in Levern. Es schickt sich, daß die Nachwelt ihr Andenken dankbar bewahrt. (Übersetzung aus: DI 26, Stadt Osnabrück, Nr. 137 (Sabine Wehking), unter: www.inschriften.net). 

Daraus geht hervor, dass die Brüder Monnicke nach ihrem Tod einen Teil ihres Vermögens einer eigens dafür gegründeten Stiftung vermacht haben, die sich um die Armenfürsorge kümmerte. Die Gründungsurkunde der Stiftung stammt aus dem Jahr 1580, also wurde das Epitaph wohl frühestens zu diesem Zeitpunkt errichtet. Bei der Vermögenssumme handelte es sich um die Summe von 2200 Talern, die immerhin ausreichte, um eine neun Häuser beinhaltende Häuserreihe zu kaufen und auszustatten. Es handelte sich hier um Fachwerkhäuser, die sich in der Kommenderiestraße 1–9 befanden und jeweils Platz für zwei Bedürftige boten. Die Verwaltung der Stiftung teilten sich Bürgermeister und Rat der Neustadt sowie das Kapitel St. Johann. Dass die Verwaltung der Stiftung in diesem Fall sowohl dem Stadtrat als auch der Kirche zufiel, war im Falle Osnabrücks eher unüblich, ist aber vermutlich auf die direkte kirchliche Tätigkeit der Monnicke Brüder zurückzuführen. Die Monnikschen Armenhäuser wurden bis zu ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg als solche genutzt.