Armut denken - Armut lenken

Drucke, Handschriften und Objekte erzählen aus der Frühen Neuzeit


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Ernteausfälle und Hungersnöte

Pieter van der Heyden, nach Pieter Brueghel (d. Ä.): Magere Küche, Blatt 1 der Folge "Die magere und die fette Küche", 1563. © ETH-Bibliothek Zürich, Graphische Sammlung / D 5948 / Public Domain Mark 1.0

Das unbeständige Klima der Frühen Neuzeit, Naturkatastrophen und der rasante Anstieg der Bevölkerung stellten immer wieder große Herausforderungen für die Menschen der Frühen Neuzeit dar. Neben den Kriegsjahren, die ganze Zeitperioden prägten, waren auch Hungersnöte infolge von Missernten oder Teuerungen wiederkehrende Katastrophen. Missernten trafen besonders diejenigen, die es sich nicht leisten konnten, vorzusorgen und einen ausreichenden Vorrat anzulegen. Große Überschussproduzenten konnten dagegen von einer Hungerkrise sogar profitieren. Eine Hungersnot konnte also die soziale Ungleichheit einer Gesellschaft noch verschärfen und machte aus ihr sowohl eine Natur- als auch Kulturkatastrophe. Infolge der Hungersnöte und Teuerungen ab dem späten 16. Jahrhundert flüchteten viele Menschen im westlichen Europa vom Land in die Stadt. Sie erhofften sich dort eine bessere Versorgung und einfachere Lebensbedingungen. Doch die Realität sah anders aus: Ohne familiären Rückhalt und Arbeit verelendeten viele der Zugezogenen oder fielen Epidemien zum Opfer, die sich in der Stadt viel schneller ausbreiteten als auf dem Land.

Die europäische Hungerkrise 1770–1772

Die Frühe Neuzeit verzeichnete mehrere große Hungersnöte. Die größte Hungersnot des 18. Jahrhunderts ereignete sich in Mitteleuropa von 1770 bis 1772. Übermäßiger Niederschlag, kalte Frühjahrsperioden und nasse Hochsommer führten zu drei verheerenden Missernten in Folge. Ein Faktor, der die dramatische Lage verschärfte, war der einseitige Anbau von Getreide, das die Hauptnahrungsquelle der Bevölkerung darstellte. Neben seiner Stellung als Nahrungsquelle hatte das Getreide eine politische und ökonomische Rolle, da es eine wichtige Handelsware war. Diese ‚Getreidegesellschaft’ wurde durch die witterungsbedingten Missernten hart getroffen. Ganz Mitteleuropa litt unter unvorstellbarem Hunger. Unter den geschwächten Menschen verbreiteten sich Epidemien, die zusätzliche Opfer forderten. Auf dem Höhepunkt der Krise starben allein in Sachsen etwa 60.000 Menschen. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass Millionen Menschen in der Frühen Neuzeit den Hungertod starben.

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