Armut denken - Armut lenken

Drucke, Handschriften und Objekte erzählen aus der Frühen Neuzeit


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Armut durch Hilflosigkeit

Macfarlan unterscheidet zwischen unvermeidlichen und gewöhnlichsten, im Sinne von verwerflichen, Ursachen für Armut. Nur den wirklich Notleidenden billigt er Hilfe zu, wenn er schreibt:

„Diese Personengruppen, sowie Seelenkranke, Blödsinnige, hilflose Kinder und abgelebte Alte brauchen Beistand und Unterstützung. Es ist eine heilige Pflicht, das zu tun." (S. 9)

 

Hilflose Kinder

Daumier, Honoré Victorin: Nur ein paar Münzen würden es diesem Kind ermöglichen, heute Nacht in einem Bett zu schlafen…, Bouvy Katalog, Muséum Parisien, 1839. © www.daumier.org (DR 5289)

Die Geburt eines dritten oder vierten Kindes konnte arme Familien in die bitterste Not stürzen. Die Kinder wurden dann oftmals nicht zur Schule, sondern zum Betteln auf die Straße geschickt.

Kinder von Tagelöhnern und Handwerkern oder Soldatenkinder waren immer von Armut bedroht. Waren sie krank, missgebildet oder leicht geistig behindert, wurden sie oft einfach ausgesetzt oder auf einen Armenhof beziehungsweise in ein Waisenhaus gegeben. Die Zahl der betroffenen Kinder wuchs während des Hexenwahns.
Auch diese Kinder wurden in Waisenhäusern untergebracht, man befürchtete jedoch, sie könnten einen schlechten Einfluss auf die anderen Kinder haben und versuchte deshalb, sich dieser Kinder zu entledigen, wie die Bemerkung eines Osnabrücker Waisenhausrevisors zeigt: „Ob kein Mittel und Rat, daß man die Hexenkinder von dem Armenhofe kann los werden, da nicht zu verantworten, daß diese unter den anderen Kindern herumlaufen.“

 

 

 

 

 

Hilflose ältere Menschen

Anonym: Kopie nach Callot, Jacques: Einäugiger, Blatt 14 der Folge "Bettler", 1600-1700. © ETH-Bibliothek, Zürich, Graphische Sammlung / D 025940 / Public Domain Mark 1.0.

Sobald die Menschen der Frühen Neuzeit aufgrund ihres Alters nicht mehr in der Lage waren, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, und im Laufe ihres Arbeitslebens keine Rücklagen gebildet hatten, waren sie in Gefahr zu verelenden. Macfarlan spricht in diesem Zusammenhang von „ohnmächtigem und hinsinkenden Alter“ und fordert auf, diese Menschen zu unterstützen, da „diese jetzt unvermögenden Greise […] einst fleißige und tätige Bürger [waren]“ (S. 7).

Die Alterskrankheiten sind schon vom persischen Arzt Avicenne (980–1037) benannt worden. Die Liste wurde 1507 in Venedig ediert. Hier werden folgende Krankheiten benannt: Dyspnoe (Atemnot, Kurzatmigkeit), Katarrhe mit Husten, Harninkontinenz, Dysurie (Schmerzen beim Wasserlassen), Gelenkbeschwerden, Nephritiden (Nierenentzündung), Schwindel, Apoplexie (Schlaganfall), Kachexie (Kräfteverfall), Juckreiz am ganzen Körper, Schlaflosigkeit, Ausflüsse aus Bauch, Augen und Nase, Augenleiden einschließlich Glaukom (grüner Star), Schwerhörigkeit. 

Ein Sonderfall waren in der Frühen Neuzeit die Frauen, die häufig aufgrund ihres Alters stigmatisiert wurden und dadurch noch eher in Gefahr gerieten, arm zu werden.

Bis Ende des 17. Jahrhunderts wurden alten Frauen fast ausschließlich negative Eigenschaften zugeschrieben. Die Körper alter Frauen waren die Personifikation der Hässlichkeit, angefangen  von Horaz (65–8 v. Chr.) bis Erasmus von Rotterdam (1466–1536), der den Körper der alten Frau als lebendigen Leichnam beschreibt. Alte Frauen wurden bevorzugt der Hexerei beschuldigt. Die Menopause mache sie zu giftigen Wesen. Das änderte sich erst nach 1750 langsam..

 

 

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